KI Arena (2004)

Interaktive Artificial-Life-Simulation

von Hans H. Diebner, Rudi Hinterwaldner, Florian Grond


Hans H. Diebner, Rudi Hinterwaldner, Florian Grond: KI Arena.
ZKM Medienmuseum Karlsruhe 2004.


Simulierte Wesen werden einer Umwelt ausgesetzt, in der sie Nahrung suchen müssen, um zu überleben und sich zu vermehren. Die Museumsbesucher haben die Möglichkeit, einen solchen Agenten zu kreieren und mit einer Strategie zur Bewältigung ihres Daseinszweckes auszustatten. Die Strategien beinhalten verschiedene Grade kooperativen Verhaltens. Die Besucher sind eingeladen, nach einer gewissen Zeit nachzuschauen, ob ihr Agent überlebt und sich gegebenenfalls vermehrt hat.

Um zu überleben und sich durch Teilung zu vermehren, müssen die virtuellen Wesen statisch vorgegebene Quellen zweier verschiedener Typen aufsuchen, von denen ein vom ihrem Füllzustand und den entsprechenden Sättigungszuständen der Individuen abhängiges attrahierendes Potential in Form einer logistischen Sättigungsfunktion ausgeht. Die zwei Quelltypen zwingen die Agenten zur Lokomotion, d.h. verhindern ein Verharren an einer Quelle, falls diese schneller nachwächst, als die Individuen dissipieren.

In einem ersten Prototyp, der aufgrund der gesammelten Erfahrung kontinuierlich verbessert werden soll, gibt die Strategie eine relativ simple Verhaltensweise gegenüber anderer Agenten an. Bei einer kooperativen Strategie lässt der Agent bedürftigere Individuen bevorzugt an die Quellen und sichert damit unter Umständen der eigenen Spezies das Überleben, eventuell sogar auf Kosten des eigenen Überlebens, ein mögliches Szenario, das bei einer bunten Mischung an Strategien, die jeweils kontinuierlich einstellbare Parameter haben, analytisch nicht zugänglich ist. Obwohl es im ersten Prototyp nur sechs Strategietypen gibt, ist die Komplexität durch stetig einstellbare Kooperationsgrade dennoch so hoch, dass man laufend Überraschungen erlebt.


Hans H. Diebner, Rudi Hinterwaldner und Florian Grond: KI Arena.
Video-Dokumentation mit Auszügen aus dem ZKM Medienmuseum Karlsruhe 2004.



Die üblichen Betrachtungen von solchen Kooperationssystemen hinterlassen oft das Gefühl, dass das Ergebnis durch die Systemvorgaben mehr oder weniger festgelegt ist und mit erhobenem Zeigefinger belehrend bis missionarisch der kategorische Imperativ "bewiesen" werden soll.

Eine bei der "KI-Arena" daher wesentliche Fragestellung ist, welche Strategien die Museumsbesucher wählen. Beides, nämlich Langzeitverhalten der kreierten Spezies in der Simulation, determiniert durch die gewählte und an die Nachkommen weiter vererbte Strategie und die Statistik der von den Besuchern gewählten Strategien werden aufgezeichnet und analysiert.

Konzeptionell orientiert sich die "KI-Arena" an dem von Robert Axelrod durchgeführten Turnier, bei dem er Teilnehmer aus verschiedenen Fachgebieten bat, Strategie-Algorithmen zur Entscheidungsfindung beim iterierten Gefangenendilemma einzureichen, die dann paarweise gegeneinander antraten. Wesentlich interessanter als das Abschneiden der Algorithmen war hierbei die Reaktion der Teilnehmer, die nach Analyse einer ersten Turnierrunde um korrigierte Algorithmen für eine zweite Runde gebeten wurden. Der Ideenreichtum der Teilnehmer lässt sich (zumindest bisher) nicht mit einem selbstmodifizierenden Algorithmus beschreiben.

Ein erster Prototyp der KI-Arena ist Resultat der Forschung am ZKM Institut für Grundlagenforschung und wird derzeit am Institut für Neue Medien Frankfurt weiterentwickelt. Das neue Paradigma der Erforschung komplexer Systeme ist der Einbezug der Bürger in den Forschungsprozess. Die Arbeit soll einen Auftakt darstellen, über möglichst bedienungsfreundliche Schnittstellen den Bürger am Forschungsprozess teilhaben zu lassen.

Ausstellung:

Von September 2004 bis September 2005 wurde KI-Arena im ZKM Medienmuseum Karlsruhe gezeigt.

Publikationen:

www.res-qualia.net

H.H. Diebner: Über die Rolle von Kunst in den Sozial- und Organisationswissenschaften. In: Timo Meynhardt und Ewald J. Brunner (Eds.), Selbstorganisation managen - Beiträge zur Synergetik der Organisation. Waxmann, Münster, 2005, pp. 117-134. (pdf)